Wer kennt sie nicht – die Haare der Brennnessel, die bei Berührung brennen und stechen? Genau darauf weist auch ihr lateinischer Name Urtica hin (von urere = „nesseln, brennen“). Sie ist eine meiner Lieblingspflanzen, denn ihre Vielseitigkeit macht sie zu einer großartigen Heilpflanze.
Die Brennnessel gehört zur Familie der Nesselgewächse (Urticaceae). Wir unterscheiden die große (Urtica dioica) und die kleine Brennnessel (Urtica urens). Von ihren Inhaltsstoffen und der Anwendung unterscheiden sie sich kaum, trotzdem wird in der Pflanzenheilkunde meistens die große Brennnessel verwendet.
Warum brennen die Brennnesseln?
Es sind die Brennhaare, die die Brennnessel so unbeliebt machen. Diese glasartigen, spröden Brennhaare umhüllen die Blattstängel und dienen eigentlich der Abwehr von Fraßfeinden. Sie brechen bei der leichtesten Berührung ab und spritzen, ähnlich wie Injektionsnadeln, ihren Inhalt in die Haut. Die Brennflüssigkeit enthält schlangen- und bienengiftartige Toxalbumine (giftige Pflanzeneiweiße) sowie Histamine und Ameisensäure. Nach der Berührung bilden sich Quaddeln (Schwellungen), die unangenehm brennen und sich sogar entzünden können.
Alten Erzählungen nach war die Brennnessel sehr begehrt und wurde so übermäßig stark gesammelt, dass sie vom Aussterben bedroht war. Daraufhin entwickelte sie ihre Brennhaare und das hat ihr ja offensichtlich auch geholfen.
Geschenk der Natur
Die Brennnessel wächst fast weltweit in der Nähe menschlicher Siedlungen, an Mauern, Zäunen, Schuttplätzen, Äckern und auch im Garten – obwohl hier meist unerwünscht. Doch anstatt sie zu bekämpfen, sollten wir ihr lieber einen Ehrenplatz im Garten zugestehen, denn sie ist aufgrund ihrer vielfältigen Heilwirkungen ein großes Geschenk der Natur.
Inhaltsstoffe der Brennnessel
Die Brennnessel liefert dem Körper wichtige Vitamine und Mineralstoffe, darunter die Vitamine C, A, B und E, Kieselsäure, Calcium, Kalium, Flavonoide und Chlorophyll. Außerdem ist die Brennnessel ein hervorragender Lieferant für Eisen! Das Eisen hat eine sehr gute Bioverfügbarkeit, kann also gut vom Körper aufgenommen werden. Dadurch eignet sich die Brennnessel beispielsweise auch zur Behandlung eines Eisenmangels.
Die Brennnesselfrüchte enthalten bis zu 30 Prozent fette Öle, reichlich Linolsäure, Vitamin E und Carotinoide.
Heilwirkungen der Brennnessel
Als Heilpflanze hat die Brennnessel eine lange Tradition. Schon Dioskurides, ein griechischer Arzt des 1. Jahrhunderts n. Chr., behandelte mit ihr die gleichen Krankheiten, bei denen wir sie heute einsetzen.
Die Brennnessel spült den Körper so richtig durch. Sie wirkt entgiftend und eignet sich ideal für eine Frühjahrs- oder Herbstkur (dafür eignet sich besonders der Frischpflanzensaft). Die Brennnessel reinigt das Blut, wirkt entwässernd und steinbrechend bei Blasengrieß. Sie senkt den Harnsäurespiegel und lindert die Beschwerden bei Gicht, Rheuma und Arthritis.
Das Auspeitschen mit dem frisch geschnittenen Kraut (Urtifikation) ist eine altbekannte Methode um schmerzende rheumatische Gelenke zu behandeln. Es entsteht ein quaddeliger Hautausschlag, die Gelenke werden rot und heiß, da Durchblutung und Stoffwechsel angeregt werden.
In der Volksheilkunde werden Wurzeln und Samen für Beschwerden der männlichen Geschlechtsorgane verwendet, u. a. bei Prostatabeschwerden (Wurzel). Die Früchte regen bei Männern die Keimdrüsentätigkeit sowie die Samenzellbildung an und gelten daher in der Volksmedizin als Vitaltonikum und Potenzmittel (sie werden auch als „Wiesenviagra“ bezeichnet) ). Einfach jeden Tag 1 bis 2 Esslöffel Brennnesselsamen aufs Brot, in Müsli, Suppen, Salate, Kräutersalz usw. geben.
Bei Frauen lindert die Wurzel, kurmäßig angewendet, mitunter auch eine Reizblase.
Die Brennnessel kann auch zur Behandlung von Allergien wie etwa Heuschnupfen eingesetzt werden. Durch den Histamingehalt wirkt sie langfristig wie eine Art Desensibilisierung. Bei Heuschnupfen sollten Sie im zeitigen Frühjahr (bevor die Beschwerden beginnen) eine Teekur über 6 Wochen machen und auch in der jeweiligen Heuschnupfenzeit den Tee trinken.
Schulmedizinisch ist die Wirkung bei rheumatischen Beschwerden, Arthrose, zur Durchspülungstherapie bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und zur Vorbeugung und Behandlung von Nierengrieß anerkannt.
Aber Vorsicht: bei Ödemen infolge eingeschränkter Herz- oder Nierentätigkeit sollte Brennnesselkraut nicht verwendet werden. Bei histaminempfindlichen Menschen kann es in seltenen Fällen durch den Genuss von Brennnesseltee zu allergischen Reaktionen oder zur Magenreizung kommen. Bei einer Durchspülungstherapie sollten Sie immer auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme achten!
Brennnesseln in der Küche
Da die Brennnessel sehr nähr- und vitalstoffreich ist, sollte sie auch in der Küche nicht fehlen. Aus ihr lassen sich leckere Gerichte zaubern wie etwa Brennnesselsuppe, Brennnesseltarte, Brennnesselklößchen, Brennnesselspinat, Brennnesselrisotto, Brennnesselpesto…
Sammeltipps
Die frischen, jungen Triebe können fast ganzjährig geerntet werden. Den höchsten Eisengehalt hat das im April oder Mai geerntete Kraut. Zum Trocknen legen Sie die Triebe auf einem Sieb oder Leinentuch aus. Sammeln Sie nicht an viel befahrenen Straßen oder frisch gedüngten oder gespritzten Äckern!
Ältere Pflanzen können bei innerer Anwendung zu Magenreizung und Nierenschädigung führen. Achten Sie also darauf, nur ganz junge Pflanzentriebe zu sammeln.
Die Samen werden geerntet, wenn sie beginnen braun zu werden, ungefähr im August. Der ganze Fruchtstand wir abgestreift und zum Trocknen ausgelegt – unbedingt täglich wenden. Anschließend in einem verschlossenen Gefäß aufbewahren.
Hinweis:
Die hier genannten Rezepte und Anwendungen sind lediglich als Empfehlungen zur Selbsthilfe gedacht. Sie ersetzen nicht den Besuch bei einem Arzt oder Heilpraktiker, vor allem dann nicht, wenn Sie unter stärkeren und/oder länger andauernden Beschwerden leiden, deren Hintergrund Sie nicht kennen. Nicht alle der hier genannten Wirkungen sind wissenschaftlich gesichert und beruhen lediglich auf Erfahrungen der Naturheilkunde.
Bedenken Sie bitte, dass auch Naturheilmittel nicht über einen längeren Zeitraum ohne Verordnung eingenommen werden sollten.