Können Sie sich erinnern, wann Sie das letzte Mal etwas wirklich Bitteres gegessen oder getrunken haben? Vielleicht kommen Sie bei dieser Frage ins Grübeln und können sich nicht erinnern?
Kein Wunder, denn die gesunden Bitterstoffe wurden in den letzten Jahren immer mehr aus unseren Lebensmitteln herausgezüchtet. Leider, muss man da wirklich sagen, denn Bitterstoffe regen den gesamten Verdauungsprozess an und wirken sich dadurch positiv auf alle Körperfunktionen aus.
„Was bitter im Mund, ist dem Magen gesund“,
sagt der Volksmund. Leider geraten die positiven Wirkungen immer mehr in Vergessenheit und der bittere Geschmack ist aufgrund unseres eher an süß gewöhnten Gaumens bei den meisten Menschen unbeliebt.
Seit dem Altertum geschätzt
In der Pflanzenheilkunde spielen die Bitterstoffe schon immer eine wichtige Rolle. Bereits Hippokrates kannte die Heilkraft der Bitterstoffe. Ein großer Teil der von ihm verwendeten Arzneimittel waren Bittermittel. Auch Hildegard von Bingen schätzte sie, wie viele andere Heilkundige auch.
Bitterstoffe waren die Hauptbestandteile vieler alter Lebenselixiere (Theriak). Aus diesen Lebenselixieren haben sich die heute verwendeten Schwedenkräuter entwickelt.
Und dann sind da ja auch noch die „geistigen Bitterwässer“ wie etwa Chartreuse oder Benedictine, die gerne vor oder nach einer ausschweifenden Mahlzeit getrunken werden.
Bitterstoffe kommen hauptsächlich in den Wurzeln von Pflanzen vor, sind aber auch in Blättern und Fruchtschalen zu finden. Den Pflanzen dienen sie als Schutz vor Frassfeinden.
Das Maß für Bitterkeit – der Bitterwert
Der Bitterwert dient zur Beschreibung der „Bitterkeit“. Bitterstoffe werden in einer sehr niedrigen Dosierung eingenommen. Eine gewisse Konzentration ist allerdings nötig, damit die Geschmacksknospen überhaupt reagieren. Eine der bittersten natürlichen Substanzen ist das Amarogentin, das in verschiedenen Enzian-Arten vorkommt. Der Bitterwert liegt bei 58.000.
Ein Bitterwert von 10.000 bedeutet, dass 1 g der Substanz bzw. ein Extrakt aus 1 g Droge* in 10.000 ml Wasser gerade noch bitter schmeckt.
Auch Wermut gehört mit einem Bitterwert von 10.000 – 20.000 zu den sehr bitteren Drogen. Zum Vergleich: Schafgarbe hat einen Bitterwert von 3.000 – 5.000, Salbei 1000 und Orangenschalen 600.
Bitteres essen lohnt sich
Bitterstoffe fördern unsere Gesundheit auf vielfältige Art. Sie verbessern die Verträglichkeit des Essens, erhöhen den Speichelfluss und die Sekretion der Magensäfte.
Sie unterstützen aber auch die Entgiftungsfunktion der Leber und die Bildung von Verdauungssäften (Galle, Bauchspeicheldrüse). Genügend Galle wiederum fördert eine gute Verdauung und eine gesunde Damflora. Nährstoffe und Vitamine werden besser aufgenommen und das Immunsystem gestärkt.
Bitterstoffe sind natürliche Fatburner. Durch die Verbesserung der Verdauung werden auch die Nahrungsfette besser verwertet. Darüber hinaus regulieren Sie den Appetit. Fehlt der Appetit infolge einer Krankheit oder Schwäche regen sie den Appetit an. Sind wir aber „gut genährt“, wird das Hungergefühl reguliert. Bitterstoffe vermitteln uns eher das Gefühl, satt zu sein und helfen so beim Abnehmen.
Außerdem wirken sie einer Übersäuerung des Körpers entgegen. Eine eiweiß- und kohlenhydratreiche Nahrung führt zu einer starken Säurebildung, die eine Reihe von Erkrankungen fördert. Bitterstoffe regen die Basenbildung im Körper an und wirken damit einer Übersäuerung entgegen.
Die Wirkungen im Überblick. Bitterstoffe
- unterstützen die Verdauung
- regulieren den Appetit
- fördern die Nährstoffaufnahme im Darm
- helfen den Säure-Basen-Haushalt des Körpers zu regulieren
- stärken die Abwehrkräfte
- regen die Blutbildung an
- stärken die Herzkraft
- wirken allgemein tonisierend.
Es lohnt sich also, häufiger einmal „bittere Kost“ zu essen!
Tipp: Beginnen Sie mit einer kleinen Menge bitterer Salatblätter wie etwa Radicchio oder Chicoree im „normalen“ Salat. Steigern Sie die Menge langsam. Sie werden sehen, Ihr Gaumen gewöhnt sich an den Geschmack!
Bittere Gemüse, Salate, Gewürze und Kräuter
Natürliche Bitterstoffe finden wir etwa in Chicoree, Artischocken, Endivien, Radicchio, Eichblattsalat, Blumenkohl, Rosenkohl, Rucola, Brokkoli, Rettich, Löwenzahn, …
Ursprünglich waren sie in vielen Gemüsesorten enthalten, wurden aber wegen des unbeliebten Geschmacks herausgezüchtet.
Darüber hinaus sind Bitterstoffe in einer Vielzahl von Gewürzen und Küchenkräutern enthalten. Zu ihnen gehören etwa Ingwer, Pfeffer, Kardamom, Salbei, Thymian, Majoran, Liebstöckl, Beifuß, Oregano, Rosmarin, Sauerampfer, Bärlauch, Knoblauch, …
Bitterstoffe in der Therapie
Therapeutisch werden Bittermittel vor allem bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Blähungen und Verstopfung eingesetzt.
Darüber hinaus sind sie auch hilfreich bei Erschöpfungszuständen (etwa nach langwierigen Erkrankungen), Stimmungsschwankungen, zur Stärkung der Abwehrkräfte und dienen einer allgemeinen Tonisierung.
*Droge: eine durch möglichst schonendes Trocknen haltbar gemachte Heilpflanze, die als Arzneimittel verwendet wird